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ANNEMARIE LANER

„ich spür ein Tier“


Ausstellungseröffnung              Do 10. März 2011 | 19.30 Uhr

Eröffnungsredner                      Heinrich Schwazer -  Kulturjournalist

Fotos der Ausstellungseröffnung



Ausstellungsdauer                    10. März 2011 – 09. April 2011

 


Eine Geschichte der Kultur und des menschlichen Selbst ist ohne das Verhältnis zum Tier nicht zu denken. Die Frage nach dem Tier zieht sich neben dem Tod, der Religion und der Sexualität als vierter großer Motivkreis seit der Steinzeit konstant durch die Geschichte der Kunst. Wir sehen Tiere zwar als unsere Vorfahren und direkten Verwandten im Evolutionsprozess an, gleichzeitig ist uns die Differenz zu ihnen heilig. Ohne Abgrenzung zum Tier ist das menschliche Selbstbewusstsein als höchstes Lebewesen nicht zu haben und jede Überschreitung der Grenzen - man denke an Franz Kafkas Erzählung „Die Verwandlung" - löst einen Schock aus. Ein Schock, der mittlerweile vor allem darin besteht, in welch bestialischem Ausmaß Tiere von Menschen gequält und ausgebeutet werden.
Welchem Tier ist Annemarie Laner auf der Spur? Es sind viele, und sie ist nicht eigentlich hinter ihnen her. Sie folgt ihnen, aber dieses Folgen ähnelt selbst dem eines Tiers, das sich mittels seiner Witterung orientiert und unermüdlich sein Revier abläuft, um Spuren zu lesen. Sie lockt sie herbei, doch sie sucht nicht die „Gemeinschaft des Augenblicks", der im Blickwechsel zwischen Mensch und Tier geschieht. Sie blicken uns nicht an, sie erwidern den Blick des Betrachters nicht, sie bleiben in ihrer Fremdheit und verweigern damit die identifikatorische Spiegelbildfunktion. Wir können in ihnen nicht lesen, sie verkörpern eine "mythische Realität jenseits des menschlichen Dramas" (Hans-Thies Lehmann). Ihre Tiere gemahnen mehr an die namenlosen Chimären der Kindheit, die Fratzen der Nacht und die Dämonen des Unbewussten als an realistische Tier-Illustrationen.
Laner hat sich in ihrer Kunst stets zur Lebendigkeit ihrer Kindheitsgefühle bekannt, deren Tür sich für sie nie zur Gänze schloss. Aus dieser Quelle schöpft sie ihre prägnanten Bild-Findungen aus minimalistischen Chiffren, Schriftkörpern und haptischen Materialien, die immer etwas mit Haut zu tun haben und auf Lebensnähe pochen.
Wie die Zeichen einer fremden Schrift überziehen tiefschwarze, mit breitem Pinselzug ins Bild gezogene Formen den klaren Schriftkorpus der vergilbten Buchseiten, die den Malgrund bilden. Dieses Changieren an der Grenze zwischen Rationalität und Animalität ist typisch für das konzeptionelle Denken und Schaffen der Künstlerin. Auch auf den düstersten Seiten ist immer eine Möglichkeit da, die Dinge anders zu sehen und das Buch als eine mögliche Versöhnung zwischen Mensch und Tier fortzuschreiben.
Vergleichbar mit den Künstlern des abstrakten Expressionismus lässt sie in einer primitiven Ungelenktheit dem Animalischen, Unbewussten in sich, freien Lauf. Der Prozess des Malens ist ein Prozess der Suche, einer unvorhersehbaren Selbstbewegung des Pinsels, ein Tasten nach sich verschiebenden Grenzen zwischen Tier und Mensch.
Den Hintergrund dieser nach Art einer Schmetterlingssammlung auf Nadeln aufgespießten Tierbilder bildet eine Wand füllende Stoff-Installation, die vom Format her an die monumentalen Tapisserien erinnern, mit denen sich die Fürsten des Spätmittelalters und die französischen Könige umgaben. Laner verwendet ein schwarz-weißes Tuch aus Polyester mit einem abstrakten Tiermuster, auf dem die Ehrfurcht vor der Natur als Malerin und die industrielle Verwertungshaltung des Menschen gegenüber dem Tier übereinander liegen.

(Heinrich Schwazer)

 
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